Aktien- und Anleihemärkte im globalen Überblick

In der ersten Aprilhälfte geriet die Aufwärtsbewegung bei den Aktien jedoch zunehmend ins Stocken. Hauptverantwortlich dafür dürften vor allem die US-Konjunkturdaten und darauffolgende Äußerungen aus der US-Notenbank gewesen sein, aber auch eine kräftige Eskalation im Nahen Osten und Ölpreisanstiege. Negative Inflationsüberraschungen lassen etwaige Zinssenkungen in den USA noch weiter in die Ferne rücken. Der wieder anziehende Ölpreis schürt Sorgen vor einem neuerlichen Aufleben der Inflation. Neben dem noch immer von den meisten favorisierten „Soft Landing“-Szenario rückt daher die Möglichkeit eines „No Landing“ stärker ins Rampenlicht. Das wäre eine Situation, in der die Abschwächungen bei Wachstum, Arbeitsmarkt und Inflation nur marginal sind und die US‑Notenbank die Leitzinsen damit schwerlich senken kann.

Im Zuge dessen zogen die US-Anleiherenditen zuletzt kräftig an und auch der US-Dollar kletterte nach oben. Beides ist im Regelfall negativ oder bedeutet zumindest Gegenwind für Aktien und Anleihen in den Schwellenländern. Bislang korrigierten die entwickelten Aktienmärkte allerdings deutlich stärker nach unten als die Aktienkurse in den Emerging Markets. Ob dies nur eine Verschnaufpause nach vielerorts erreichten Allzeithochs oder der Beginn einer ausgeprägteren Korrektur ist, lässt sich derzeit noch schwer abschätzen, zumal die angespannte Situation zwischen Israel und dem Iran für erhebliche zusätzliche Unwägbarkeiten sorgt.

Positiver März, dann Aprilwetter

Die gute Stimmung vom Februar setzte sich auf den Aktienmärkten im März fast nahtlos fort. Fast überall verzeichneten die Aktienindizes per Saldo Zugewinne. Mit knapp 2 % Wertzuwachs bleiben die Schwellenländer dabei etwas hinter den entwickelten Aktienmärkten zurück (+3 %), jeweils in US-Dollar gerechnet. Stärkeres Wachstum, robustere Arbeitsmärkte und hartnäckigere Inflationsraten in den USA hatten die Märkte bis dahin gut weggesteckt. Neuerliche negative Inflationsüberraschungen ließen dann aber doch zunehmende Fragezeichen hinter den bislang favorisierten „Soft Landing“ Konjunktur- und Leitzinsszenarien erscheinen. Etwaige Zinssenkungen wurden weiter ausgepreist bzw. nach hinten gepreist, zumal festere Rohstoffpreise (Industriemetalle, Öl) auch nicht förderlich für den Inflationsausblick sind. Das Szenario eines „No Landing“, also einer weiterhin robusten Konjunktur mit zu hoher Inflation und zu engem Arbeitsmarkt ist zwar noch immer eine Minderheitenposition, wird aber verstärkt diskutiert. Die US-Anleiherenditen für lange Laufzeiten zogen im Zuge dessen in der ersten Aprilhälfte kräftig an, um 0,30 % bis 0,40 %. Ein nochmaliger Anstieg in dieser Größenordnung würde sie auf ihre Hochs vom vergangenen Jahr zurückbringen.

Das ist umso bemerkenswerter, als Mitte April die Situation im Nahen Osten stark eskalierte, speziell zwischen Israel und dem Iran. „Normalerweise“ sollten in solch einer Krisensituation der US-Dollar, Gold und US-Staatsanleihen bei Investor:innen als „sichere Häfen“ stärker gefragt sein. Während sich der US-Dollar und Gold auch weiter festigten, standen US-Staatsanleihen aber weiterhin unter Abgabedruck. Im Zuge dessen gaben auch die Aktienmärkte nach, wobei diesmal die entwickelten Märkte deutlich kräftiger korrigierten als die Schwellenländer.

Weitere Eskalationen im Nahen Osten könnten sich zunächst vor allem über höhere Ölpreise negativ auf Volkswirtschaften und Finanzmärkte auswirken. Es spricht aber einiges dafür, dass letztlich keine Seite derzeit ein Interesse daran hat, dass sich die Lage noch weiter verschärft oder gar außer Kontrolle gerät. Daher bleiben auch die Finanzmarktreaktionen bislang moderat.


Expansive US-Fiskalpolitik als globales Risiko

Zugleich könnte aber die sehr lockere Ausgabenpolitik der US-Regierung für weiteren Aufwärtsdruck auf Anleiherenditen und Inflationserwartungen sorgen. Das US-Haushaltsdefizit dürfte heuer zwischen sechs und sieben Prozent liegen und wird auch in den kommenden Jahren hoch bleiben. Das gab es früher nur in Krisenzeiten oder bei Rezessionen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte vor wenigen Tagen davor, dass anhaltende hohe Haushaltsdefizite in den USA erhebliche Risiken für die US-Wirtschaft und die Weltwirtschaft bergen. Die US-Wirtschaft zeige sich einerseits zwar überraschend stark. Aber dies spiegele auch eine staatliche Ausgabenpolitik wider, die langfristig nicht nachhaltig sei. Washingtons Mehrausgaben, so der Bericht, bergen das Risiko, die Inflation wieder anzufachen und die langfristige Haushalts- und Finanzstabilität auf der ganzen Welt zu untergraben, indem die Finanzierungskosten weltweit in die Höhe getrieben werden.

Sorgen bereitet dem IWF aber auch Chinas kräftig steigende Verschuldung sowie die Wachstumsprobleme dort. Die Befürchtung: Peking könne versuchen, die Probleme über neuerliche Exportoffensiven zu lösen, das neuerliche globalen Spannungen im Welthandel auslösen könnte. Ob diese Sorge berechtigt ist, wird sich erst zeigen müssen. Schließlich versucht China seit langem, vom exportgetriebenen Wachstumsmodell wegzukommen. Zudem waren die jüngsten chinesischen Wachstumszahlen überraschend gut: Die Wirtschaftsleistung wuchs im ersten Quartal 2024 um rund 5,3 %. Diese Daten kamen für den IWF-Bericht vermutlich zu spät und zugleich macht ein gutes Quartal natürlich auch noch keinen Trend. Sie zeigen aber, dass in China die Talsohle erst einmal durchschritten sein könnte. Und das wären gute Nachrichten, auch für viele Schwellenländer und ihre Finanzmärkte.

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Langfristig attraktive Aktienbewertungen

Schaut man sich die langfristigen Bewertungsniveaus an, dann handeln Schwellenländeraktien insgesamt mit einem signifikanten Bewertungsabschlag gegenüber den entwickelten Märkten. Ein Teil davon spiegelt die im Vergleich höheren Risiken (z. B. Kursschwankungen, Liquidität, politische und rechtliche Rahmenbedingungen) wider. Ein weiterer Teil kommt durch die aktuell hohe Bewertung der US-Aktienmärkte zustande. Es bleibt aber jenseits dessen auch noch ein erheblicher Teil, der einen echten Discount darstellt. Langfristig sollte sich dieser Bewertungsabschlag verringern, da das Wachstum in den Emerging Markets weiterhin höher sein wird als in den Industrienationen. Das würde eine überdurchschnittliche Wertentwicklung der Schwellenländer auf Sicht der kommenden 5 bis 10 Jahre bedeuten. Zugegeben, auf eine solche warten Investor:innen bereits seit längerer Zeit vergeblich und eine Garantie dafür, dass sie eintritt, kann niemand geben. Die Chancen stehen dafür aber recht gut, umso mehr, als auch das Gewinnwachstum vieler Unternehmen in den Schwellenländern in den kommenden Quartalen und Jahren anziehen und durchaus nach oben überraschen könnte.

Positiver Ausblick für EM-Anleihen intakt

Auch für Schwellenländer-Anleihen bleibt der mittel- und langfristige der Ausblick positiv. Historisch attraktive Renditen für Lokalwährungsanleihen und attraktive absolute Renditen für EM-Anleihen in US-Dollar bilden aber gute Grundlagen für ein noch immer recht solides Ertragspotenzial. Besonders gutes Potenzial sehen wir für dieses Jahr in Hartwährungsanleihen der Schwellenländer. Das gilt selbstverständlich nicht für jedes Land und jede/n Emittent:in gleichermaßen. Gute Selektion war und bleibt hier unabdingbar für Investor:innen.

Dieser Inhalt ist nur für institutionelle Anlegerinnen und Anleger vorgesehen.

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