Inflation auf ihrem Zenit?

Mit offiziell über 75 % hat die Teuerungsrate in der Türkei einen neuen Jahreshöchststand erreicht. Die Notenbank ließ den Leitzins dennoch unverändert bei 50 %, hielt sich aber verbal die Option für weitere Zinsanhebungen offen. Zugleich betonten die Währungshüter, dass sie ab Juni einen deutlichen Rückgang der Inflation erwarten, die sich nach ihrer Einschätzung bis zum Jahresende auf rund 38 % halbieren sollte. Die Wirtschaftsdaten für das laufende Quartal zeigen allerdings zumindest keine nennenswerten Drosselungen bei den privaten Ausgaben. Die Regierung kündigte hingegen an, öffentliche Ausgaben um rund 15 % kürzen zu wollen, um damit der Inflation entgegenzuwirken. So sollen nur noch Projekte finanziert werden, die bereits zu mindestens 75 % fertiggestellt sind, sowie Maßnahmen zur Beseitigung der Folgen des schweren Erdbebens vom vergangenen Jahr. Wie effektiv dieser Schritt sein wird, wird sich erst zeigen; man kann da sicherlich geteilter Meinung sein.

Bricht Erdogans Regierungskoalition auseinander?

Unterdessen gibt es offenbar ernsthafte Bemühungen seitens des Präsidenten und der größten Oppositionspartei CHP, aufeinander zuzugehen. Nach dem Erdrutschsieg der CHP bei den Kommunalwahlen Ende März scheint Erdogan um mehr Dialog bemüht. In diesem Zusammenhang ist bemerkenswert, dass im Juli ein Prozess wegen eines politisch motivierten Mordes beginnen wird, in den offenbar hochrangige Politiker der MHP, des Koalitionspartners von Erdogans AKP, verwickelt sein sollen. Alles in allem steht der Türkei möglicherweise eine Periode erhöhter innenpolitischer Unwägbarkeiten bevor, die aber durchaus auch zu positiven Entwicklungen führen könnte.

Der Aktienmarkt in Istanbul zog im Mai um weitere 4,5 % an (rund 3,6 % in Euro gerechnet). Die türkische Börse ist damit einer der herausragenden Schwellenländer-Aktienmärkte. Natürlich widerspiegelt der Anstieg zum Teil auch die allgemeinen Preissteigerungen. Aber es ist bemerkenswert, dass die türkische Lira seit März kaum noch an Wert gegenüber Euro und US-Dollar eingebüßt hat. Es spricht einiges dafür, dass eine wachsende Zahl von Investor:innen wieder größeres Vertrauen zur Geldpolitik in der Türkei fasst nach der Beendigung der „unorthodoxen Notenbankpolitik“ vor knapp einem Jahr.

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