Zinssenkungen ja, aber wann und wie stark?
In den letzten Monaten wurden die allzu optimistischen Zinssenkungserwartungen vom Jahreswechsel kräftig zurechtgestutzt. Die Folge: steigende Anleiherenditen in den USA und der Eurozone. Zugleich sind die Renditeaufschläge für Unternehmensanleihen aber kräftig zurückgegangen. Das ist eine ungewöhnliche Kombination. Sie führte zum einen dazu, dass die Kursverluste durch allgemein steigende Renditen weitgehend durch Zinserträge und sinkende Risikoaufschläge ausgeglichen wurden. Zum anderen bedeutet diese Entwicklung, dass Unternehmensanleihen aus fundamentaler Bewertungssicht weiterhin attraktiv für Anleger:innen gepreist sind.
Es spricht aktuell nach wie vor vieles dafür, dass die Kapitalmarktrenditen über die kommenden 12 bis 18 Monate über den gesamten Laufzeitenbereich niedriger liegen werden als es aktuell der Fall ist. Das würde Kursanstiege für Anleihen bedeuten und für diesen Zeitraum deutlich positive Erträge für Unternehmensanleihen guter Bonität implizieren. Selbstverständlich ist eine solche Entwicklung aber keinesfalls sicher. Es sind auch andere, weniger vorteilhafte Szenarien möglich, beispielsweise bei ungünstigeren Konjunktur- oder Inflationsentwicklungen oder bei stärkeren geopolitischen Eskalationen.
Investmentgrade-Unternehmensanleihen weiterhin aussichtsreich
Das Investmentgrade-Segment (darunter versteht man Anleihen hoher Bonität) scheint dabei aktuell weiterhin das etwas bessere Verhältnis von Risiko und Ertrag zu bieten als der High-Yield-Bereich, in dem die bonitätsschwächeren Emittenten gehandelt werden. Mit dem Raiffeisen-ESG-Euro-Corporates bietet die Raiffeisen KAG einen Investmentfonds an, der speziell auf Investmentgrade-Unternehmensanleihen ausgerichtet ist und der dabei auf der Grundlage von Nachhaltigkeitskriterien (siehe dazu auch ESG: Drei Buchstaben, ein Nachhaltigkeitsansatz) investiert. Die durchschnittliche Anleiherendite im Fondsportfolio liegt aktuell bei rund 4 % p. a., wobei diese Kennzahl aber nur als ungefährer Anhaltspunkt für mögliche Erträge dient. Der tatsächlich erzielte Ertrag wird noch von vielen weiteren Faktoren beeinflusst. Er kann daher sowohl niedriger als auch höher ausfallen.
Markt preist derzeit „heile Welt“ ein
Unternehmensanleihen profitierten in den letzten 12 Monaten stark von rückläufigen Risikoaufschlägen (Credit-Spreads) gegenüber deutschen Bundesanleihen. Aktuell liegt dieser Renditeaufschlag im Durchschnitt bei 105 Basispunkten für Euro-Investmentgrade-Unternehmensanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen und bei rund 350 Basispunkten für High-Yield-Anleihen (1 Basispunkt = 0,01 %). Das ist historisch ein deutlich unterdurchschnittlicher Wert. Im Marktdurchschnitt werden also ca. 1,05 % bzw. ca. 3,5 % mehr Rendite pro Jahr gezahlt als für deutsche Bundesanleihen.
Diese Risikoaufschläge preisen derzeit eine Art Ideal-Szenario ein, d. h. ein positives, aber nicht zu starkes Wirtschaftswachstum, einen rückläufigen Inflationstrend, wenige und rückläufige Zahlungsausfälle und ein gutes Refinanzierungsumfeld, mit nur moderaten Risiken für einen Fortbestand dieses Zustands. Schaut man sich die Historie an, dann war die Outperformance von Unternehmensanleihen gegenüber Euro-Staatsanleihen in den vergangenen 12 bis 18 Monaten so hoch wie kaum jemals zuvor in den letzten Jahrzehnten. Ein zentraler Grund dafür dürften die enorm hohen Kapitalzuflüsse in diese Anleihen in den vergangenen Monaten gewesen sein. Faktisch alle Investor:innen haben ihre Käufe in den letzten Monaten kräftig ausgeweitet. Offenkundig werden die absoluten Renditen von Unternehmensanleihen als attraktiv empfunden, auch wenn die Renditeaufschläge gegenüber Staatsanleihen deutlich unter den langjährigen Durchschnitt gefallen sind und damit der Renditevorsprung gegenüber Staatsanleihen nicht mehr sonderlich hoch ist.
Risiken: Geopolitik, negative Konjunktur- und Inflationsüberraschungen
Dass diese günstige Situation dauerhaft bestehen bleibt, ist aber alles andere als sicher. Sowohl beim Wirtschaftswachstum als auch bei der Inflationsentwicklung sind in den kommenden Quartalen abweichende Entwicklungen vom derzeitigen Marktkonsens möglich, auch wenn die aktuelle Datenlage darauf noch wenig Hinweise gibt. Die geopolitische Lage ist zugleich so angespannt wie seit vielen Jahrzehnten nicht und bietet damit das Potenzial für plötzliche, kräftige Kursbewegungen.
Risikoprämien scheinen anfällig für Rückschläge
Die aktuellen, eher geringen Risikoprämien sind vor allem das Ergebnis einer derzeit recht guten Liquiditätsversorgung und starker Nachfrage durch Anleger:innen. Zum anderen reflektieren sie auch die Erwartung baldiger und umfangreicher Zinssenkungen, mit entsprechenden positiven Effekten für die Refinanzierungskosten der Unternehmen. Diesbezüglich scheinen aber auch viele Unternehmen inzwischen skeptischer geworden zu sein, denn die durchschnittliche Laufzeit der begebenen Anleihen zeigt eine steigende Tendenz. Das heißt, viele Unternehmen sichern sich die aktuellen Finanzierungskonditionen für eine längere Zeit. Zudem zeigt sich fundamental eine recht deutliche Differenzierung innerhalb des Unternehmenssektors. Während die bonitätsstärksten Segmente recht gute (d. h. also relativ niedrige) Verschuldungskennzahlen aufweisen, sind diese bei vielen bonitätsschwächeren Emittenten innerhalb des Investmentgrade-Sektors zuletzt deutlich angestiegen. In diesem Segment bestehen also derzeit gewisse Warnzeichen, was aber auch unterstreicht, dass eine gute Emittentenauswahl unerlässlich bleibt.
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Fazit: optimistisch, aber nicht euphorisch
Das Fondsmanagement des Raiffeisen-ESG-Euro-Corporates ist daher zwar grundsätzlich positiv für Unternehmensanleihen in den kommenden zwölf Monaten gestimmt, sieht aber ein gewisses Risiko für eine (moderate) Ausweitung der Risikoaufschläge in den kommenden Quartalen. Die absoluten Renditeniveaus sind aber zugleich attraktiv und die Emittenten überwiegend in guter bis sehr guter Verfassung. Mit dem Raiffeisen-ESG-Euro-Corporates können Anleger:innen daran teilhaben und zugleich die Umstellung auf verantwortungsvolleres Wirtschaften unterstützen.