Nachhaltig in Emerging Markets investieren
Die mangelnde Datenbasis ist oft der Grund, weshalb sich die professionelle ESG-Analyse von Unternehmen und Staaten bislang sehr oft auf die Industrienationen bezieht. Doch die Schwellenländer ziehen nach, und immer mehr Nachhaltigkeitsfonds mit Schwellenländer-Schwerpunkt kommen auf den Markt.
Herausforderungen und Möglichkeiten von ESG-Investments in Emerging Markets
Jürgen Maier, Fondsmanager des Raiffeisen-Nachhaltigkeit-EmergingMarkets-Aktien, erläutert welche Herausforderungen und Möglichkeiten ESG-Investments in den Emerging Markets bieten.
Manche Finanzexperten haben ihre Zweifel daran, dass ein Emerging-Markets-Fonds auf Basis von ESG-Kriterien gemanagt werden kann. Was sagen Sie diesen Skeptikern?
Jürgen Maier: Es stimmt, dass nachhaltiges Investieren in Emerging Markets nicht ganz so einfach umsetzbar ist wie z. B. in Europa, allerdings hat sich die Situation in den letzten Jahren deutlich verbessert. Auch in Schwellenländern gibt es viele nachhaltige Unternehmen. Das Problem in der Vergangenheit war vielfach, dass diese Unternehmen die benötigten Daten für eine detaillierte Nachhaltigkeitsanalyse nicht zur Verfügung gestellt haben. Daher war von uns veranlagungsseitig sehr viel Engagement notwendig, um das Management zu überzeugen, diese Daten zu liefern. Dieses Engagement ist generell ein wichtiger Bestandteil unseres aktiven Managementansatzes.
Welche Märkte stehen im Fokus der Anlage, welche weniger?
Einige asiatische Länder sind deutlich weiter als andere. Vorreiter ist Taiwan, wo wir viele nachhaltige Unternehmen finden. Auch in Indien ist es relativ leicht, passende Unternehmen aufzuspüren. In China haben wir uns in der Vergangenheit schwergetan, aber inzwischen hat sich die Lage deutlich verbessert und es kann aus einem größeren Pool nachhaltiger Unternehmen ausgewählt werden. Im Vergleich dazu besteht in Lateinamerika und Osteuropa noch deutlich Aufholpotenzial. Ausnahme ist Brasilien, wo es einige nachhaltige Unternehmen gibt. In Osteuropa kann man die sehr nachhaltigen Unternehmen leider noch immer an einer Hand abzählen. Insgesamt ist es aber erfreulich, dass durch Neuemissionen und die Neuausrichtung von Unternehmen die Anzahl an nachhaltigen Firmen auch in den Schwellenländern stetig steigt. Das Engagement nachhaltiger Investoren unterstützt diese Entwicklung.
Kriterien der Nachhaltigkeit
Nachhaltigkeit bei der Geldanlage: Welchen Kriterien muss ein nachhaltiger Investmentfonds genügen?
Wird im nachhaltigen Investmentprozess ein Unterschied zwischen Emerging Markets und den Industrieländern gemacht? Mit welchen besonderen Herausforderungen sind Sie konfrontiert?
Wir wenden bei der Aktienauswahl die gleichen strengen Kriterien an wie unsere Kolleginnen und Kollegen in den entwickelten Märkten. Ganz grob kann man sagen, dass unser Gesamtuniversum, wo wir Nachhaltigkeitsdaten zur Verfügung haben, aus ca. 1.000 Unternehmen besteht. Nach der Überprüfung der Negativkriterien (das sind z. B. Verletzung von Menschen- oder Arbeitsrechten, Produktion und Handel von Atomenergie oder Rüstungsgütern, Förderung von Kohle etc.) fallen ca. 200 Firmen aus dem Investmentuniversum. Nach einer nachhaltigen Detailanalyse mit Hilfe des Raiffeisen-ESG-Indikators* fallen nochmals 300 Unternehmen aus dem Investmentuniversum. Aus den verbleibenden 500 Titeln wird dann ein Portfolio von den ca. 70 bis 90 aussichtsreichsten Aktien zusammengestellt.
In welchen Emerging Markets sind die nachhaltigen Investmentchancen derzeit am größten bzw. wo gibt es diesbezüglich noch den größten Nachholbedarf und warum?
Auf Länderebene ist der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-EmergingMarkets-Aktien (ein Anlagefonds von Raiffeisen Capital Management Österreich) am stärksten in China, Taiwan und Indien investiert. In China gefallen uns Unternehmen, die vom CO2-Reduktionsziel der Regierung profitieren. In Taiwan setzten wir auf Technologietitel, die im Bereich Wasserkonservierung und Wassereinsparung führend sind. In Indien gefallen uns IT-Outsourcing Unternehmen, die im Bereich Mitarbeiteraus- und weiterbildung führend sind, sowie Finanzwerte, die beim Finanzieren von leistbarem Wohnen aktiv sind.
Welche Sektoren bzw. Unternehmen erachten Sie derzeit als besonders interessant?
Auf Sektorebene ist der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-EmergingMarkets-Aktien (ein Anlagefonds von Raiffeisen Capital Management Österreich) am stärksten in Finanz- und Informationstechnologiewerten investiert. Die größte Position im Fonds ist derzeit Taiwan Semiconductor Manufacturing, das ist der weltweit größte unabhängige Auftragsfertiger für Halbleiterprodukte. Zu den Kunden dieses Unternehmens zählen u. a. Apple, Qualcom oder Nvidia. Das Unternehmen ist aus Nachhaltigkeitssicht interessant, da es bei der Wasserkonservierung und Wassereinsparung im Industriebereich weltweit führend ist, und im Bereich Energiekonsum und Mitarbeiterbeziehungen deutlich besser abschneidet als der Sektorschnitt. Das Unternehmen profitiert von einer stetig wachsenden Nachfrage nach Halbleitern weltweit und ist technologisch den Konkurrenten immer einen Schritt voraus.
Wie zufrieden sind Sie mit der Performance des Fonds, sowohl lang- als auch kurzfristig?
Wir sind sehr zufrieden. Der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-EmergingMarkets-Aktien (ein Anlagefonds von Raiffeisen Capital Management Österreich) konnte sowohl kurz- als auch langfristig besser abschneiden als der Gesamtmarkt, auch wenn er sich zuletzt den Marktkorrekturen nicht gänzlich entziehen konnte und die Performance der Vergangenheit keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung des Fonds zulässt.
Ebenso erfreulich ist auch unsere nachhaltige Performance, da unser Fonds im Vergleich mit einem Gesamtmarkt um 82 % weniger CO2-Emissionen, 99 % weniger Abfallmenge, 16 % weniger Arbeitsunfälle und 88 % weniger Wasserverbrauch aufweist.
Emerging Markets
Die Schwellenländer im globalen Überblick: Finden Sie hier unseren monatlichen Kapitalmarktbericht.
*Die Raiffeisen Kapitalanlage-Gesellschaft m.b.H. analysiert laufend Unternehmen und Staaten auf Basis interner und externer Researchquellen. Die Ergebnisse dieses Nachhaltigkeitsresearch münden gemeinsam mit einer gesamtheitlichen ESG-Bewertung, inkludierend einer ESG-Risikobewertung in den sogenannten Raiffeisen-ESG-Indikator. Der Raiffeisen-ESG-Indikator wird auf einer Skala von 0 bis 100 gemessen. Die Beurteilung erfolgt unter Berücksichtigung der jeweiligen Unternehmensbranche
Der Raiffeisen-Nachhaltigkeit-EmergingMarkets-Aktien (ein Anlagefonds von Raiffeisen Capital Management Österreich) weist eine erhöhte Volatilität auf, d.h. die Anteilswerte sind auch innerhalb kurzer Zeiträume großen Schwankungen nach oben und nach unten ausgesetzt, wobei auch Kapitalverluste nicht ausgeschlossen werden können.