Herbe Enttäuschung trotz Wahlsieg

Nicht nur eine satte Mehrheit, sondern mindestens 400 der 543 Sitze im Unterhaus des indischen Parlaments waren das erklärte Ziel von Ministerpräsident Modi und seiner BJP. Damit wären Verfassungsänderungen möglich und die Liste der von den Hindu-Nationalisten angedeuteten Änderungswünsche wurde im Wahlkampf zusehends länger. Möglicherweise war das einigen Wähler: innen doch zu viel, bei aller Popularität Modis. Auch das recht geeinte Antreten der Opposition machte der BJP einen dicken Strich durch die Rechnung. Statt Zwei-Drittel-Mehrheit gab es nicht einmal eine absolute Mandatsmehrheit für die BJP (240 Sitze nach zuvor 303). Sie ist damit auf ihre Verbündeten für eine Regierungsmehrheit angewiesen. Das sollte zwar kein größeres Problem darstellen, ist aber ungewohnt für Modi, der sich in seinen beiden bisherigen Amtszeiten auf eine eigene Parlamentsmehrheit stützen konnte.

Gegenwind im BJP-Kernland

Dabei muss man verstehen, dass in Indien in britischer Tradition derjenige das Parlamentsmandat eines der 543 Wahlkreise erhält, der dort die meisten Stimmen bekommt. Damit ist es oft entscheidend, wie viele und welche Konkurrenten antreten. Die BJP bekam insgesamt nur minimal weniger Stimmen (36,6 % nach 37,4 %) als vor fünf Jahren (ihre Wahlallianz sogar 2 % mehr), sie verlor aber gegenüber 2019 ein Fünftel ihrer Parlamentssitze. Entscheidend dafür war vor allem ihr unerwartet schlechtes Abschneiden in ihrem Kernland, dem bevölkerungsreichsten indischen Unionsstaat Uttar Pradesh. Ersten Analysen zufolge rächte es sich, dass die BJP einige wesentliche Wählergruppen seit Jahren stiefmütterlich bis massiv feindselig behandelt hat. Sowohl viele Bauern als auch Dalits (Hindus der niedrigsten Kasten) und Moslems wählten diesmal offenbar vehement die Opposition.

Aktienmärkte reagieren nur kurzzeitig

Auf den indischen Aktienmärkten herrschte kurz Jubelstimmung mit neuem Allzeithoch, als Wählerbefragungen eine klare Mehrheit für Modi vorhersagten. Kurz darauf folgte ein Mini-Crash von rund 7-10 % für ein paar Stunden, als das tatsächliche Wahlergebnis meilenweit davon abwich. Zuletzt gab es bereits wieder ein neues Rekordhoch und damit scheint das Thema Wahl von den Märkten abgehakt zu sein. Die Kontinuität der bisherigen marktfreundlichen Politik scheint gesichert; zugleich kann die BJP nicht alles nach Gutdünken umsetzen (eine Eskalation mit Pakistan in der Kaschmir-Frage per indischer Verfassungsänderung stand im Wahlkampf beispielsweise durchaus im Raum). Die Märkte können also erst einmal zufrieden sein. Volkswirtschaftlich sieht das Bild ohnehin unverändert gut aus, mit robustem Wachstum und zwar noch zu hoher, aber rückläufiger Inflation. Ein Wermutstropfen ist allerdings die zuletzt angestiegene Arbeitslosenrate von über 8 %, die vermutlich bei der Wahl auch nicht hilfreich war für Modi.

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