Nokia – vom Weltmarktführer zum Weltmarktführer?
Das in Helsinki beheimatete Unternehmen hat aktuell etwa 88.000 Beschäftigte weltweit und berichtete für das Geschäftsjahr 2021 einen Konzernumsatz von mehr als 22 Milliarden Euro.
Von seinen bescheidenen Anfängen im Jahr 1865 an als einzige Papierfabrik in Finnland war Nokia im Laufe der Jahre in einer Reihe von verschiedenen Industriesektoren erfolgreich tätig. Das Unternehmen produzierte so unterschiedliche Produkte wie Papier, Kabel, Reifen, Fernseher, die berühmten Gummistiefel und natürlich Mobiltelefone. Nokias Übergang zu einem Telekommunikationsunternehmen begann in den 1990er Jahren. Das erste Telefongespräch mittels GSM-Standard wurde 1991 mit Nokiageräten durchgeführt. Durch den enormen Erfolg im Mobiltelefonsektor gelang es Nokia, im Jahr 1998 die meistverkaufte Mobiltelefonmarke der Welt zu werden. Auch auf dem ersten Mobiltelefon mit eingebauter Fotokamera war das Logo von Nokia zu sehen.
Durch einige strategische Fehlentscheidungen wurde dem Unternehmen in den Folgejahren durch die Konkurrenz, wie bespielsweise Apple, das Wasser abgegraben. Eine strategische Partnerschaft mit Microsoft endete 2014 mit einem Totalverkauf der Mobiltelefonsparte an das amerikanische Softwareunternehmen und Nokia musste sich abermals zur Gänze umorientieren.
Die Gründung von Nokia Networks nach der Übernahme des Joint-Venture-Partners Siemens im Jahr 2013 legte den Grundstein für die Transformation von Nokia zu einem vorwiegend Netzwerk-Hardware- und Softwareanbieter. 2015 wurde der französisch-amerikanische Telekommunikationsausrüster Alcatel-Lucent übernommen. Mit dem erweiterten Kundenstamm, den damit einhergehenden Umsätzen und einigen weiteren kleineren Übernahmen etablierte sich Nokia als eines der führenden Unternehmen in dem Bereich Telekommunikationsnetzwerke und 5G.
Seit 2016 gibt es durch einen Lizenzvertrag mit HMD Global auch wieder finnische Mobiltelefone unter der Marke Nokia zu kaufen, doch konnten damit die Erfolge und die Verkaufszahlen der Vergangenheit nicht mehr erreicht werden.
Nokia und das Klima
Auf die Sektoren Fertigung, Energie und Versorgungsunternehmen, Verkehr und Gebäude entfallen 80 % der gesamten globalen CO2-Emissionen. Die Umstellung auf erneuerbare Energien wird für diese Branchen nicht ausreichen, um bis 2050 Net Zero zu erreichen. Ehrgeizigere, weitreichendere Maßnahmen sind erforderlich. Und da kann unter anderem Nokia ins Spiel kommen. GSMA Intelligence und Nokia haben gemeinsam eine Studie mit dem Titel „Industry pathways to net zero“ veröffentlicht, in der gezeigt wird, wie mobile und digitale Technologien es Unternehmen ermöglichen werden, ihre Dekarbonisierungsziele schneller zu erreichen. In der Fertigungsindustrie zum Beispiel zeigt diese Studie, dass allein mit dem Bau von intelligenten Fabriken oder der Automatisierung von arbeitsintensiven Aufgaben und mit dem Einsatz von klassischer Netzwerktechnik bis 2030 eine jährliche Produktivitäts- und Energieeinsparungssteigerung von 10 bis 20 % erzielt werden kann.
In einer immer stärker vernetzten und digitalisierten Welt nimmt dadurch auch der Energieverbrauch stark zu. An diesem Problem arbeitet Nokia sehr fokussiert und versucht, durch eine große Anzahl von Maßnahmen dagegenzuhalten. In jeder einzelnen Anlage und jeder Betriebsstätte gibt es klar kommunizierte Ziele zur Reduktion von Treibhausgasen, in näherer Zukunft wird Nokia auch die Lieferkette dahingehend genauer unter die Lupe nehmen.
Insgesamt wird eine Treibhausgasreduktion von 50 % bis zum Jahr 2030 angestrebt, wobei die allgemein anerkannten „Science Based Targets“ als Grundlage herangezogen werden. Dieses Ziel betrifft die gesamte Wertschöpfungskette (also Scope 1, 2 und 3). Als Basis wurden die Emissionen aus dem Jahr 2019 herangezogen. Dieses Ziel steht im Einklang mit den Pariser Klimazielen und sieht vor, bis 2050 vollkommen klimaneutral zu sein. Aus unserer Sicht ein sehr ambitioniertes Vorhaben für ein an sich schon sehr energieaufwendiges Unternehmen.
Nokia und die Gesellschaft
Nokia ist der festen Überzeugung, dass die positiven Auswirkungen der von dem Unternehmen entwickelten Technologien und der damit verbundenen Vernetzung und Digitalisierung der Gesellschaft die potenziellen negativen Einflussfaktoren bei weitem überwiegen. Digitale Vernetzung ermöglicht es Menschen, zu interagieren, zu kommunizieren, zusammenzuarbeiten, zu teilen, zu lernen und zu arbeiten. Sie bietet Zugang zu Dienstleistungen, Arbeit, Gesundheitsversorgung, Bildung und Chancen. Sie macht Leben und Arbeit einfacher, produktiver und damit nachhaltiger. Nokia will mit seinen Produkten dazu beitragen, viele der sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu lösen, mit denen die Welt heute konfrontiert ist, indem ein integrativerer Zugang zu grundlegenden sozialen Dienstleistungen und Menschenrechten ermöglicht wird.
Das Geschäft von Nokia ist laut eigener Aussage auf Vertrauen aufgebaut. In einem unternehmensweiten Verhaltenskodex wird ausdrücklich auf dieses Vertrauen hingewiesen, das in allen Geschäftsaktivitäten und in jedem Land, in dem Nokia tätig ist, verdient werden muss. Diese Strategie wird auch von externen Prüfern so gesehen. So wurde das Unternehmen im März 2022 zum fünften Mal in Folge als einzige finnische Gesellschaft vom Researchhaus Ethisphere in die Liste der „World’s Most Ethical Companies“ aufgenommen.
Nokia und Cybersicherheit
Gerade der Telekommunikationssektor mit der relativ neuen 5G-Technologie kann viele Angriffsflächen für potenzielle Cyberrisiken bieten. Nokia versucht, diesen Risiken mit einem Rundumschutz entgegenzutreten, der das Unternehmen von den Mitbewerbern abhebt. Nokia selbst spricht dabei vom Dreieck des Vertrauens, einer Kombination aus Erkennung, Skalierbarkeit und Anpassungsfähigkeit. Dabei stellt Nokia ein breit gefächertes Portfolio von Sicherheitsprodukten zur Verfügung, das von genereller Sicherheitsrisikobewertung und -beratungsdiensten bis hin zu dementsprechender Soft- und Hardware reicht. Damit ist Nokia auch in diesem sehr stark wachsenden Segment federführend.
In der wechselvollen Geschichte des Unternehmens wurde so in den vergangenen Jahren ein Weg eingeschlagen, der das Unternehmen wieder in eine aussichtsreiche Position gebracht hat, gerade in einem Bereich, dessen Wachstumsaussichten überdurchschnittlich sind.
Herbert Perus
Fondsmanagement/Corporate Responsibility, Raiffeisen Kapitalanlage GmbH