András Szálkai, Fondsmanager im Team Aktien, CEE & Global Emerging Markets
Region gerät aus dem Fokus von Investor:innen
Zentraleuropa als Teil der EU blieb aber weiter investierbar. Mit dem Wegfall Russlands hat sich die Investmentregion Zentral- und Osteuropa jedoch stark verkleinert. Die Bewertungen sind im Vergleich zu vor zehn Jahren um 30 bis 40 % gesunken, was auf das Risiko des Ukraine-Kriegs und die fehlende Liquidität zurückzuführen ist. Aber auch die hohen Energiepreise – von denen ganz Europa betroffen ist – drücken auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Attraktivität der Region. Ob sich die Lage in naher Zukunft bessern wird, hängt von vielen Faktoren ab, darunter der Ausgang des Ukraine-Kriegs.
Globale Konflikte und ihre Auswirkungen
Globale Konflikte, wie die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China, beeinflussen die Region ebenfalls. Bereits bevor Donald Trump das Präsidentenamt in den USA übernommen hat, gab es in Europa die Diskussion darüber, die Produktion von Gütern wieder näher an die eigenen Märkte zu bringen und nicht alles in Asien, insbesondere China, herstellen zu lassen. Eine Verlagerung der Produktion von Asien nach Europa könnte den osteuropäischen Märkten zugutekommen, da diese Länder günstiger produzieren als Westeuropa. Allerdings ist die Region stark vom Westen, insbesondere Deutschland, abhängig. Schwächelt Deutschland wirtschaftlich, leidet auch Osteuropa. Die diesjährigen Neuwahlen in Deutschland könnten die wirtschaftliche Lage möglicherweise wieder verbessern.
Weiterhin ist jedoch unklar, wie sich die Zollpolitik Trumps, insbesondere gegenüber China und möglicherweise auch gegenüber Europa, auf die Region auswirken wird. Wenn China seine Waren nicht mehr in die USA exportieren kann, könnten sie nach Europa umgeleitet werden, was die Konkurrenz verschärfen würde. Möglich wäre auch, dass die Produktion aus China abwandert und in der Region angesiedelt wird, was wiederum positiv für die Region wäre. Derzeit ist jedoch völlig offen, was passieren wird – auch andere Folgen sind möglich.
Märkte
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Hoffnungsschimmer und Herausforderungen
Trotz der negativen Einschätzungen gibt es in der Region einzelne Lichtblicke. Polen, das größte Land innerhalb der europäischen Emerging Markets, hat nach dem Sieg der Opposition bei der Wahl 2023 wieder an Attraktivität gewonnen. Auch Kroatien und Slowenien bieten Investor:innen neue Chancen. Diese zwei kleinen Länder verzeichneten starkes Wirtschaftswachstum, besonders Kroatien, das den Euro eingeführt hat und von der relativ neuen und großen EU-Förderung profitiert. Beide lokalen Börsen gehörten 2024 zu den besten Aktienmärkten der Welt, und wir sehen weiterhin starke Perspektiven auch für 2025.
Ende des Kriegs in der Ukraine?
In den letzten Wochen haben wir viele Nachrichten gesehen, die darauf hindeuten, dass Verhandlungen begonnen haben, um den Ukraine-Krieg zu beenden. Die Märkte in Zentraleuropa haben darauf stark reagiert, insbesondere der polnische Aktienmarkt, der bis Mitte Februar bereits um mehr als 20 % gestiegen ist. Auch der österreichische Aktienmarkt, der eigentlich Teil des westeuropäischen Portfolios ist, aber Großteils seine Tätigkeiten im zentraleuropäischen Raum hat, hat neben Polen am meisten auf die erhofften Verhandlungen reagiert. Das Bewertungsniveau dieser Region beinhaltet weiterhin einen Abschlag von etwa 20 bis 30 %, der in naher Zukunft aber schwinden könnte, falls es zu positiven Entwicklungen kommt.
Fazit: Ein Blick in die Zukunft
Die Region ist aktuell aufgrund geopolitischer Unsicherheiten, wirtschaftlicher Schwäche und nicht absehbarer Folgen der veränderten (Zoll-)Politik nicht die erste Wahl von Investor:innen. Ein Waffenstillstand in der Ukraine und die wirtschaftliche Erholung Westeuropas würden die Lage jedoch deutlich verbessern. Diese Region könnte langfristig ein Wachstumstreiber des gesamten EU-Raums sein. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2025 liegt bei 7,8, was im Vergleich zu anderen Märkten niedrig ist. Der Abschlag gegenüber den entwickelten Märkten ist über die Jahre gewachsen. Das Potenzial für eine Erholung ist vorhanden, der Zeitpunkt dafür allerdings offen, aber wahrscheinlich näher gerückt. Bis dahin bleiben die Kapitalmärkte in CEE wohl noch in der Warteschleife internationaler Investoren.