Kapitalmarktkommentar von Karin Kunrath, Chief Investment Officer der Raiffeisen KAG
Jedenfalls wird der Kapitalmarkt, der von der Aussicht auf Trump 2.0 bereits seit geraumer Zeit geprägt ist und manches schon eingepreist hat, speziell in den ersten Wochen der neuen US-Administration noch deutlich stärker als sonst auf politische und insbesondere wirtschaftspolitische Entscheidungen fokussiert sein.
Die bisherigen Marktreaktionen waren bekanntermaßen vor allem steigende Renditen am Anleihenmarkt infolge erhöhter Inflationserwartungen, aber auch eine volatilere – wenn auch in der Grundtendenz weiter positive – Entwicklung am Aktienmarkt. Darüber hinaus sindKryptowährungen deutlich angestiegen, aber auch der US-Dollar hat zuletzt stark aufgewertet. Zu den wesentlichen Ankündigungen, die den Kapitalmarkt in nächster Zeit beschäftigen werden, zählen die Einführung oder Anhebung von Zöllen, Ausfuhrbeschränkungen von US-Technologie, Deregulierungen in einigen Wirtschaftsbereichen wie auch Steuersenkungen.
Eine weitere Ankündigung betrifft die deutlich restriktivere Einwanderungspolitik und darüber hinaus sind wohl auch einige maßgebliche geopolitische Initiativen zu erwarten. Nahezu alle diese Punkte werden Implikationen auf das globale Wirtschaftswachstum und die Inflation haben. Gemäß den aktuell vorliegenden Prognosen stellen sich die Rahmenbedingungen für das Gesamtjahr sowohl für die Aktien- als auch für die Anleihenseite weiter konstruktiv dar.
Mit Sicht auf die nächsten Wochen, dürfte jedoch für den Kapitalmarkt ein Zeitfenster mit erhöhter Unsicherheit beginnen, in dem sich die politisch beeinflussten Rahmenbedingungen erst konkretisieren werden. Jedenfalls ist durch die Politik der „Trumponomics“von Zurückhaltung seitens der US-Notenbank Fed in Hinblick auf weitere Zinssenkungen auszugehen. Im Euro-Raum hingegen scheint der Zinssenkungspfad für die Europäische Zentralbank jedenfalls in den nächsten Monaten abgesichert zu sein. Dies spiegelt sich auch in unserer Asset Allocation wider.
Asset-Klassen im Überblick
Staatsanleihen
Renditen dürften global weiter sinken
Wir rechnen mit einem Sinken der Renditen bei globalen Staatsanleihen und sind v. a. bei US-Staatsanleihen optimistisch, die zuletzt mit kräftigen Renditeanstiegen konfrontiert waren. Bei Euro-Papieren bevorzugen wir in erster Linie italienische und französische Staatsanleihen und sind bei deutschen Staatsanleihen zurückhaltend. Neben deutschen Staatsanleihen sind wir auch bei kanadischen Papieren, die sich gegenüber anderen Staatsanleihenmärkten zuletzt überdurchschnittlich stark entwickelt haben, vorsichtig.
Unternehmensanleihen
Korrekturen im High-Yield-Segment möglich
Die Credit Spreads von Unternehmensanleihen notieren nahe ihrer Allzeit-Tiefstände. Nachdem wir diese Anleihenklasse lange bevorzugt haben (v.a. EUR Investmentgrade Unternehmensanleihen), ändern wir unsere Strategie nun und sind bei dieser Anlageklasse zunehmend vorsichtig. Das betrifft insbesondere US High-Yield-Unternehmensanleihen, deren Risikoprämien mit dem allgemeinen wirtschaftlichen sowie dem teuren Refinanzierungs-Umfeld nicht mehr im Einklang stehen. Eine baldige Korrektur erscheint uns gut möglich.
Emerging-Markets-Anleihen
Abwärtsdynamik der Risikoprämien abgebremst
Bei Emerging Markets-Hartwährungsanleihen ändern wir (ähnlich wie bei Unternehmensanleihen) unsere Positionierung und sind zunehmend vorsichtig. Zwar sehen wir hier keine sehr teure Bewertung wie bei US High-Yield-Unternehmensanleihen, dennoch hat sich auch hier die abwärts gerichtete Dynamik der Risikoprämien deutlich abgebremst. Wir nehmen hier also vorerst Gewinne mit und orientieren uns bei der Positionierung an unserem allgemeinen (temporären) Risk-Off Szenario.
Entwickelte Aktienmärkte
Aktienmärkte präsentieren sich weiterhin freundlich
Die internationalen Aktienmärkte präsentierten sich auch zu Jahresbeginn 2025 relativ freundlich, wobei vor allem europäische Aktien zulegen konnten. Wir erwarten, dass die Unternehmensgewinne auch 2025 für Unterstützung sorgen werden. Aktuell dominieren aber negative Gewinnrevisionen das Bild. Unsere Indikatoren haben sich im letzten Monat in Summe eingetrübt. Wir erwarten auch vonseiten der Politik (USA) Volatilität (d. h. Schwankungen) für die Märkte. Wir positionieren uns bei Aktien daher etwas schwächer.
Schwellenländer-Aktienmärkte
Ungewissheit in Hinblick auf US-Regierung belastend
Weiterhin belastet die Ungewissheit über tatsächliche Maßnahmen seitens der US-Regierung insbesondere die Emerging Markets. Damit eilt die relative Performance der Region weiterhin von einem Tiefstand zum nächsten. Dabei ist die fundamentale Bewertung dieser Region weiter recht günstig. Zudem kommt eine Erholung bei der Gewinnentwicklung im für den Index sehr wichtigen asiatischen Bereich. Seit Jahresbeginn konnten insbesondere Energie- und rohstoffintensive Sektoren profitieren.
Rohstoffmärkte
Rohstoffmärkte präsentieren sich freundlich
Die internationalen Rohstoffmärkte präsentierten sich in den ersten Tagen 2025 sehr freundlich. Im Energiesektor sorgten Nachrichten zu weiteren US-Sanktionen gegen Russland für Unterstützung. Der Edelmetallbereich konnte trotz gestiegener Renditen erneut zulegen. Wir halten im Rahmen der Taktischen Asset Allocation aktuell keine Position in der Anlageklasse Rohstoffe.